Fossil-Geschichte 3

Neue Erfindungen machen Rechenoperationen “begreifbar” und Denkvorgänge sichtbar und hörbar.

Bits aus Hardware

Beim letzten Mal, liebe Kinder, hatte ich euch vom Rechenschieber erzählt. Bei Ausgrabungen in alten Schulgebäuden hat man nun Geräte gefunden, die man als Vorläufer der heutigen Taschenrechner betrachten muss. Es war eine Hardware-Lösung, die streng am Dezimalsystem orientiert war, deren Arbeitsspeicher allerdings nicht mehr als 10 hoch 2 Bits fasste. Das Design war genial einfach: In einem Gestell waren 10 waagerechte Stangen übereinander angebracht, auf denen jeweils 10 kugelförmige Bits verschiebbar gelagert waren. Obwohl keine schriftlichen Anweisungen für den Gebrauch dieser frühen Rechenmaschine überliefert worden sind, vermuten die Wissenschaftler, dass der Zweck dieser Geräte war, den Umgang mit "Einsern" und "Zehnern" einzuüben, um so eine Vorstufe zu Addition und Subtraktion zu erarbeiten.

Eine Weiterentwicklung dieser Rechenmaschine hat sich übrigens bis heute in den arabischen Ländern erhalten. Das Gerät heißt 'Abacus', braucht weder Stromanschluss noch Akkus und ist deshalb besonders für den Einsatz in wüstenreichen Gegenden geeignet. Der Abacus wird dort seit Jahrhunderten routinemäßig und routiniert im Wirtschaftsleben benutzt. Europäischen Usern ist diese Technologie aber leider nicht zugänglich, weil die Araber bekanntlich von rechts nach links schreiben. Dagegen wird der Abacus noch in Asien benutzt, besonders von den Hongkongern, die mit Computern handeln und die schnell (und für den Kunden nicht nachvollziehbar) ausrechnen wollen, wieviel Gewinn noch übrigbleibt, wenn sie dem Kunden einen scheinbar dicken Rabatt geben.

Weit vor eurer Zeitrechnung, ungefähr vor 60 Jahren, da hat ein Mann mit Namen Konrad Zuse endlich den elektronischen Rechner erfunden. Die Revolution war, dass die Bits nicht mehr aus Holzkugeln bestanden sondern aus Elektronen. Allerdings brauchten die Bits damals noch viel mehr Platz als heute. Wenn es heute irgendwo im Computer JA oder NEIN sagt, bzw. 1 oder O, dann sieht man gar nicht, wo das ist, weil alles so klein ist. Damals brauchte man für jedes JA/NEIN eine Radioröhre. Ach so, ihr wisst nicht, was das ist. Das waren Teile, die man für die damals üblichen Dampf-Radios benötigte. Die sahen so ähnlich aus wie Glühbirnen, ein bisschen kleiner meistens, und hatten viele Stifte als Kontakte, die man in einen Sockel steckte, also wie die Fassung bei der Glühbirne. Jetzt könnt ihr euch vorstellen, dass damals ein Computer mit der Leistung eines heutigen Taschenrechners so groß war wie ein Wohnzimmer.

Das war der eine Grund, warum der Rechner sich damals noch nicht als Taschenrechner durchgesetzt hat. Der andere Grund waren die vielen Kontakte. Weil es so viele waren, gab es oft einen Wackel- oder gar keinen Kontakt. Da war es sicherer, gleich die Sache im Kopf zu rechnen.Dass die Elektronik eine ziemlich unanschauliche und deshalb zweifelhafte Sache ist, davon waren schon damals die Maschinenbauer und Elektriker überzeugt. Deshalb hatten sie schon vor der Entwicklung des ersten Elektronenrechners beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und einen handfesten Computer zu bauen. Das Ergebnis hörte sich dann so an: Wenn der Computer EINS dachte, machte ein Relais "Klack" und wenn der Computer NULL dachte, machte das Relais "Klick". Weil ein Computer aber auch damals schon viel dachte, machte ein ganzes Gerüst voller Relais Klickediklackediklick, nur viel lauter. Deshalb wurden die Rechenmaschinisten taub, und als sie die Stromrechnungen nicht mehr bezahlen konnten, erkannten sie, dass diese erfolgversprechende Entwicklung in einer Sackgasse geendet hatte.

Hier seht ihr mal, liebe Kinder, dass die alten Leute recht haben, wenn sie sagen: Früher war alles viel größer!

Beim nächsten Mal erzähle ich euch etwas aus der Zeit, als man noch ohne Tastatur computern musste.

Euer Fossil