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Aktuelle Themen aus der Welt der Alten Sprachen

 

Artikel und Aufsätze der aktuellen Printausgabe

 

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Friedrich Maier:  Bilanz im Osten. 

Trends, Erfolge, Probleme, Defizite im

Aufbau des altsprachlichen Unterrichts

 

Die beiden über vier Jahrzehnte völlig gegensätzlichen Makrosystemen zugeordneten Teile Deutschlands sind in weniger als einem Jahr wieder zu einer staatlichen Einheit geworden. Dies brachte nicht nur viele und schwerwiegende Probleme mit sich, es machte auch in aller Schärfe die Kluft sichtbar, die zwischen beiden Teilen des Landes gerade im Bildungswesen entstanden war. In einem extremen Maße trat dies wohl beim altsprachlichen Unterricht zutage, den man in der ehem. DDR - von Ausnahmen abgesehen - "fast auf Null reduziert hatte" (Peter Witzmann, Dresden), nämlich auf das Mindesmaß von zwei Jahren im "Fakultativen Unterricht", und den man am Ende nach offizieller Verlautbarung nur noch im Status eines bildungsökonomischen Hilfsfaches beanspruchte.
Nach dem Wegfall der Mauer ging wie in allen Bereichen auch in der Schule die Aufbauarbeit los. Für das Gymnasium begann sie unter denkbar ungünstigsten Bedingungen; ohne beratende Hilfe von außen ging es nicht; die westlichen Bundesländer sahen sich in die Pflicht genommen, auf dem Wege von Partnerschaften an der Gestaltung des Schulwesens im Osten mitzuwirken.
Zur Regeneration des altsprachlichen Unterrichts gingen wesentliche Initiativen von der Ost-Basis, also von der noch vorhandenen Lehrerschaft aus, doch knüpfte man zeitgleich Verbindungen zu westlichen Schulen, deren Altphilologen spontan ihre Hilfe anboten. Auch der Deutsche Altphilologenverband griff sehr bald, damals unter dem Vorsitz von Kurt Selle, Braunschweig, in diesen Prozess des Wiederaufbaus ein. Am Hamburger Kongress 1990 kam es dann innerhalb eines institutionellen Bezugsfeldes zu ersten Kontakten mit Lehrerinnen und Lehrern aus dem Osten. Dr. Peter Lohe, Berlin, machte es sich energisch zu Aufgabe, im Norden die Beziehungen zu allen allmählich bekannt werdenden Altsprachlern der ehem. DDR auf eine feste Grundlage zu stellen. Von Bayern aus gab ich selbst Hilfe und Mittel zu einem ersten Treffen aller auffindbarer Latein- und Griechischlehrer des Ostens; dieses fand im September 1990 im "Robertinum" der Universität Halle statt und wurde von Dipl.-Phil. Kristine Schulz, Halle, erfolgreich organisiert und moderiert.
In der zweitägigen Veranstaltung wurden den ca. 150 Teilnehmern durch Grundsatz- und Fachreferate von Ost- und Westlehrern richtungsweisende Anstöße gegeben. Zweifellos ging davon für alle ein kräftiger Motivationsschub zu einem neuen Anfang aus; es herrschte eine optimistische Aufbruchstimmung. Das wichtigste Ergebnis dieses zwar improvisierten und anstrengenden, aber sehr fruchtbaren Zusammentreffens war die Gründung der Landesverbände Ost im DAV; erfreulicherweise stellten sich nämlich vier starke Persönlichkeiten für die Konstitution und Organisation eines Landesverbandes in den neuen Bundesländern zur Verfügung: Erhard Kunack (Schwerin) für Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Christoph Köhler (Gotha) für Thüringen, Kristine Schulz (Halle) für Sachsen-Anhalt und Peter Witzmann (Dresden) für Sachsen. Brandenburg und Ost-Berlin wurden in den Berliner Landesverband integriert. Die genannten Persönlichkeiten wurden dann auch zu Vorsitzenden ihrer Landesverbände gewählt.
Ihnen ist es zu verdanken, dass trotz aller Startschwierigkeiten und z. T. auch spürbarer Widerstände vonseiten der neuformierten Kultusbehörden der Lateinunterricht in den Schulen, größtenteils Gymnasien, wieder Fuß fassen, oder dort, wo er noch vorhanden war, sich auf die neuen Bedingungen umstellen konnte. Der Griechischunterricht hatte allerdings nur geringe Chance zur Erneuerung; ja er verlor sogar an den Stätten, wo er früher in "Spezialklassen" bewußt erhalten und gehalten wurde, nun, der freien Fächerwahl ausgesetzt, sehr schnell an Zulauf und Bedeutung. Wenn, dann lebt Griechisch heute zu allererst in freien Arbeitsgemeinschaften fort oder wieder auf.
Der Aufbauprozess zu Beginn wurde vorangebracht durch eine Bücheraktion der Bundesregierung, durch die moderne Unterrichtsmaterialen (vor allem Lehrbücher) zur Verfügung gestellt wurden. Die Landesverbände, bald unter dem Dach des DAV satzungsmäßig organisiert, veranstalteten in rascher Folge Schulungs- oder Fortbildungstage, auf denen angesehene Fachleute, auch aus den Partnerländern des Westens, in eine moderne Konzeption des Lateinunterrichts einführten. Die Schulbuchverlage präsentierten dabei den Standard der einschlägigen didaktischen und methodischen Fachliteratur, die sie unter vergünstigten Bedingungen, vielfach auch unentgeltlich abgaben. Solche Zusammenkünfte sind mittlerweile zu festen Institutionen im Jahresprogramm der Landesverbände geworden.
Sehr bald wurden auch Fachkommissionen aus Vertretern der Ostschulen einberufen, die zunächst nach dem Westmuster vorläufige Lehrpläne für die einzelnen Bundesländer erstellten. Der DAV hielt bereits 1991, um den Aufbruch im Osten durch ein kräftiges Zeichen der Solidarität zu unterstützen, sein Jahrestreffen des Vorstandes und der Vertreterversammlung in Halle (Robertinum) ab. Der Lateinunterricht begann zu wachsen, vor allem in der Lehrgangsform L3, etwas weniger in der von L2, nur gering in der von L1. Auch spätbeginnender Lateinunterricht (mit Latinum-Vergabe nach Grund- oder Leistungskursen der Oberstufe) etablierte sich. Ein Verlangen der Eltern nach Latein war nachweislich gegeben. Das Bemühen der Lehrer, einen anspruchsvollen Unterricht zu erteilen, hatte bald sichtbaren Erfolg. Ost und West waren dabei, auf diesem Felde recht schnell zusammenzuwachsen. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich sehr früh regelrechte Partnerschulen in Ost und West zusammentaten, und zwar zumeist traditionell altsprachlich-orientierte Gymnasien, z. B. die "Kreuzschule" in Dresden und das "Wittelsbacher-Gymnasium" in München (eine Zusammenarbeit, die allerdings auch hier nur bis zur Einrichtung eines L2-Unterrichts führte).
Doch die anfängliche Dynamik dieser Entwicklung wurde allmählich gebremst, zum Teil durch den Widerstand der in den Ministerien tätigen (oft aus dem Westen berufenen) "Bildungsexperten", die den Alten Sprachen in der neuen Schule wenig Raum zu geben bereit waren, sehr oft aber auch durch die Haltung von naturwissenschaftlich ausgerichteten Schuldirektoren, die im neuen Fach Latein eine Konkurrenz zu den etablierten Fächern und damit eine Gefahr für das überkommene Lehrpersonal sahen und sehen und deshalb den Lateinunterricht von ihrer Schule fernhalten. Dies hat allmählich die Folge gezeitigt, dass der Elternwille für Latein mangels Angebot in den Schulen langsam erlahmt. Außerdem macht sich zunehmend bei Eltern und Schülern bestimmter sozialer Schichten ein - womöglich auch schon aus Zeiten vor der Wende herrührendes, aber durch die Westkontakte erheblich gesteigertes - Nützlichkeitsdenken bemerkbar, so dass der Sinn von Latein im Vergleich etwa zu Englisch und Französisch schwer vermittelbar wird. Die im Westen gegebene Legitimationsproblematik des Faches manifestiert sich somit auch in den neuen Bundesländern, hier sogar schärfer, weil weithin der Rückhalt von gewachsenen Traditionen fehlt.
Die Reklamationen des Verbandes kontert man vonseiten der Ministerien zudem häufig mit dem Argument, es seien zu wenig Lateinlehrer vorhanden. Dieses Argument wirkt z. T. vorgeschoben, weil man angesichts leerer Staatskassen neuen Unterricht etwa durch Neueinstellungen von Junglehrern zu ermöglichen außerstande ist. Andererseits war und ist das Defizit an Lehrkräften enorm, wenn auch nicht überall in gleichem Maße. Von früher her waren nur noch wenige im Lateinunterricht tätige Lehrer vorhanden, einige konnten reaktiviert werden. Der Zustrom von Junglehrerinnen und Junglehrern aus dem Westen hielt sich in Grenzen, wobei so mancher der besseren beruflichen Perspektive wegen wieder in den Westen zurückwanderte. Der Mangelzustand wird einem schlagartig bewusst, wenn man - im Vergleich zu den Verhältnissen im Westen - die Gesamtzahl der von den Ministerien gemeldeten Ost-Lehrer zur Kenntnis nimmt: Brandenburg 91, Mecklenburg-Vorpommern 89, Sachsen 70, Sachsen-Anhalt 163 (davon 45 fachfremd), Thüringen 162.
Lateinunterricht wurde an sehr vielen Schulen erst dadurch möglich, daß sich bereits angestellte Lehrerinnen und Lehrer, die ihr zweites Fach (meist Russisch, weniger Mathematik oder Biologie oder ein anderes Fach) nicht mehr unterrichten konnten, durch ein postgraduales berufsbegleitendes, größtenteils durch Prüfungsordnung geregeltes Studium die Latein-Fakultas aneigneten. An fast allen Universitäten der ehemaligen DDR, innerhalb derer sich auch die Institute der Klassischen Philologie allmählich regenerierten, wurden solche Studiengänge angeboten, in Halle, Rostock, Jena, Berlin, Dresden, Leipzig, und zwar in mehrfacher Wiederholung; an den meisten Instituten laufen sie heute noch (in Erfurt wurde neuerdings erstmals ein Kurs mit 24 Teilnehmern eröffnet, zuletzt auch in Potsdam). An den meisten der genannten Universitäten habe ich selbst in den ersten Jahren nach der Wende oft über mehrere Wochen hin in Kompakt-Seminaren mit solchen Postgraduierenden gearbeitet, dabei deren Lernenergie und Arbeitsdisziplin kennengelernt, auch erfahren, welche hohen Belastungen finanzieller, physischer und psychischer Art sie sich neben ihrem auf vier Wochentage zusammengedrängten 22-24stündigen Unterricht (meist mit nur geringer, nicht selten aber mit gar keiner Stundenermäßigung) ausgesetzt haben, um ihr neues Berufsziel durch Teilnahme an einem Universitätstag (meist Freitag) pro Woche zu erreichen. In Rostock bedurfte es für viele einer 4-5stündigen An- und Rückreise an diesem Tag, um das von 9-18 Uhr laufende Studienprogramm mitmachen zu können: "Latein studieren, mit Referaten und Seminararbeiten, weit vom Heimatort entfernt, und dann noch als Gymnasiallehrer tätig sein: eine unerhörte Leistung!" So Dr. Gabriele Bockisch, Universität Rostock. Und ihre Examensergebnisse können sich sehen lassen, aus Jena z. B.: Kurs I (23), sehr gut 3x, gut 10x, befriedigend 9x, ausreichend 1x; Kurs II (29), sehr gut 1x, gut 16x, befriedigen 8x, ausreichend 4x; Kurs III (31), sehr gut 3x, gut 17x, befriedigend 7x, ausreichend 4x (Bericht von Dr. Simon, Jena).
Solche auf diese Weise durch ein regelrechtes Zweit- oder Drittfachstudium mit Abschlussexamen zur Lehrbefähigung gekommenen Kolleginnen und Kollegen leisten dem Lateinunterricht im Osten einen unschätzbaren Dienst, insofern es erst durch ihren Einsatz möglich geworden ist, in der Phase des Neuaufbaus den Lateinunterricht an den meisten Schulen zu eröffnen und dort heimisch zu machen - mit der Folge, dass für diese Schulen dann weitere Lehrkräfte mit Zunahme der Lateinklassen erforderlich werden, also die ersten Normalstudierenden nach Studium und Seminarausbildung überhaupt ein Betätigungsfeld finden. Ein Bericht aus Rostock mag hierfür als Beweis dienen: Herr Kunack berichtet davon, dass eine postgraduierte Lehrerin (Frau E. Bergmann) an der "Großen Stadtschule Rostock" (Gymnasium) seit 1992/93 allein den Lateinunterricht aufgebaut hat (zuvor gab es dort kein Latein), dass heute bereits zwei Lateinlehrer an dieser Schule arbeiten, zusammen mit einer Lateinreferendarin, die von der Erstlehrerin betreut wird. Für Latein herrsche ein reges Interesse, schon ab Kl. 5, bes. aber Kl. 7 (immer mit 25-30 Lateinanfängern). Der Fall Rostock begegnet gewiss in allen neuen Bundesländern mehrfach, vielleicht ist es sogar der Regelfall (z. B. von den 162 Latein-Lehrkräften in Thüringen sind 93 postgraduiert). Der Einsatzwille dieser Lehrkräfte tritt überall zutage; in Berlin-Brandenburg beteiligen sich am Landeswettbewerb des Verbandes erfreulicherweise die östlichen Gymnasien in gleich starkem Maße wie die westlichen - und dies meist aufgrund des Einsatzes solcher Lehrer. Die Fortbildungsangebote in den einzelnen Bundesländern werden, so wird berichtet, gerade von den Postgraduierten gerne besucht.
  Der Lateinunterricht im Osten ist auf die Arbeit dieser Kolleginnen und Kollegen dringend angewiesen. Wo nämlich heute noch kein Lateinunterricht stattfindet, dort wird es, wenn sich einmal Schulprogramm und Schulprofil der einzelnen Gymnasien ausgeprägt und gefestigt haben, äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, das Fach noch zu inaugurieren. Der Aufbau käme ins Stocken oder wäre zu Ende, noch ehe die ersten Normalstudierenden der Ostuniversitäten, aus dem Referendariat kommend, in den Beruf einsteigen können und wollen. Dass dies wiederum nicht ohne Rückwirkung auf Studentenzahlen an den Universitäten bliebe, steht außer Zweifel. Dieser Befund gilt für Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt nicht weniger als für Brandenburg und Ostberlin.
Der DAV steht deshalb voll hinter solchen Lehrkräften, er zollt deren Beitrag zum Wiederaufbau des Lateinunterrichts allen Respekt, zumal sie durch ihr nichtklassisches Zweitfach, was bes. Peter Witzmann hervorgehoben wissen will, "zusätzliche Impulse und Querverbindungen dem altsprachlichen Unterricht" ermöglichen, was für diesen "manchmal einer Frischluftkur gleichkommt". Dank und Anerkennung gilt deshalb diesen Lehrerinnen und Lehrern nicht weniger als den Universitätsinstituten, die selbst noch in der Phase der Regeneration begriffen, die zusätzlichen Belastungen der Ergänzungsstudiengänge auf sich genommen haben oder auch jetzt noch auf sich zu nehmen bereit sind.
Dass die Entwicklung des altsprachlichen Unterrichts im Osten, mag sie auch gelegentlich von Enttäuschung oder gar von Misserfolg mitgeprägt sein (bes. was das Fach Griechisch anbelangt), aufs Ganze gesehen positiv verläuft, der Trend also nach oben zeigt ("Latinitas lente crescit in Thuringia", so Dr. Köhler für sein Bundesland), beweisen die Berichte der Landesvorsitzenden ebenso wie die Informationen aus den Kultusministerien. In Sachsen ist die Zahl der Lateinschüler von 17800 (95/96) auf 19060 (1996/97) gestiegen, in Thüringen von 5514 (92/93) auf 13803 (96/97). Aus Mecklenburg-Vorpommern wird eine Akzeptanz des Lateinunterrichts "ohne spektakuläre Euphorie" gemeldet. Selbst Brandenburgs Kultusministerium rechnet trotz der Dominanz des Englischen und Französischen "in den nächsten Jahren mit einem leicht ansteigenden Interesse am Erlernen von Latein." Für die Situation in Ost-Berlin mag eine Notiz aus einem Bericht der Schulverwaltung sprechen: "Der an der Heinrich-Schliemann-Oberschule im Bezirk Prenzlauer Berg kürzlich neueingerichtete altsprachliche Zweig fand solchen Anklang, dass für das Schuljahr 1996/97 eine Erhöhung der Zahl der 5. Klassen auf zwei geplant ist."
Nach den vorliegenden Zahlen des statistischen Bundesamts in Wiesbanden stieg die Zahl der Lateinschüler an den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland von 1990 - 1996 von 561 487 auf 641 814; daraus lässt sich ohne Zweifel die positive Wirkung der Aufbauarbeit in den neuen Bundesländern indirekt erschließen.
Die Fachpolitik der neuen Landesverbände hat den westlichen Standard erreicht, auch in den Informations- und Werbestrategien zieht man nach. Thüringen hat seit längerem das "Certamen Thuringiae" (zuletzt mit 550 Teilnehmern) erfolgreich eingeführt. Sachsen-Anhalt konnte nach der erfolgreichen Durchführung des "Certamen Franckiense" zwei Kandidaten für die Studienstiftung des Deutschen Volkes empfehlen. Mecklenburg-Vorpommern veranstaltet 1998 erstmals das "Certamen Balticum". Der Bundeskongress in Jena 1996, gestützt auf ministerielle Präsenz, hat bewiesen, dass im Osten - durch Zusammenarbeit von Landesverband und Universität - eine beeindruckende Großveranstaltung (die bisher größte seit Bestehen des DAV) organisiert und durchgeführt werden konnte, die allen Teilnehmern aus West und Ost nachhaltig in Erinnerung geblieben ist.
Doch gibt es auch noch viele Lücken und Notsituationen. Es fehlt an praxisnahen Unterrichtshilfen (besonders von Herrn Witzmann beklagt), auch an Informations- und Werbematerialen, die auf die speziellen östlichen Bedürfnisse abgestellt sind. Die Ministerien legen ausdrücklich Wohl und Wehe des altsprachlichen Unterrichts, in erster Linie des Latein, in die Verantwortung der Lehrer, in deren Überzeugungskraft, Werbewirksamkeit und Begeisterungsfähigkeit. Sie deuten aber auch teilweise die Richtung einer erfolgreichen Argumentation für das Fach an, wie eine Aussage des Sächsischen Kultusministeriums zeigt: "Die stetig wachsende Anzahl der Schüler, die das Fach Latein wählen, ist Ausdruck der zunehmenden Akzeptanz des Lateinunterrichts, der über Sprachkenntnisse hinaus vor allem auch Einsichten in die zeitliche Tiefe sowie in die Zusammenhänge der europäischen Geistesgeschichte und Kultur vermittelt."
   Die Bilanz: Durch den enormen, vielfach von Idealismus geprägten Einsatz der Lehrkräfte ist im Osten ein erfolgreicher Weg der Erneuerung vor allem des Lateinunterrichts beschritten worden. Auf das bisher Erreichte dürfen die Kolleginnen und Kollegen der neuen Bundesländer mit Recht stolz sein. Doch ein Grund, "beruhigt je sich auf ein Faulbett zu legen", besteht nicht. Die umgepflanzten oder neu gepflanzten Bäume bedürfen intensiver Pflege; noch viele weitere Bäume sind zu pflanzen. Das bedarf der Arbeit. Wer soll sie leisten? Alle, die heute in der Verantwortung stehen, in Schule und Universität, auch die fachpolitischen Vertreter; erfreulicherweise bietet hier überall in zunehmendem Maße die jüngere Generation ihre Mithilfe an.

      Friedrich Maier


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Alfred Selmaier:  Erschöpft sich Europa wirklich im Euro?

15 Jahre Bürgerinitiative zur Förderung der

Humanistischen Bildung in Bayern

I. Stiftung

 

Platon nennt das Fest eine "Atempause", und im gleichen Satz, in dem er die Atempause eine göttliche Fügung nennt, sagt er auch dies: dass uns die Musen als Festgenossen gegeben seien, Musik und Dichtung.
Aus Anlass des 15. Jahrestages ihrer Errichtung beehrte sich die Elisabeth-J.-Saal-Stiftung, am 28. Januar zu einem Festakt in den Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München einzuladen. Die Stiftung war durch zwei Münchner Bürger im Jahr 1982 ins Leben gerufen worden, in dankbarer Erinnerung an die prägende Kraft der christlich-humanistischen Bildung, die ihren Stiftern zuteil wurde. Unter humanistischer Bildung versteht diese Institution "alle jene Bildungsgüter, die durch die Beschäftigung mit der Antike vermittelt werden, vor allem den Beitrag, den das Erlernen der Alten Sprachen und der Umgang mit der Literatur der Antike leisten können. Sie betont die sprachliche Kompetenz und den allgemeinbildenden Wert und menschlichen Gehalt, der sich aus den antiken Texten gewinnen lässt." Fördermaßnahmen der Stiftung sind die Vergabe von Förder- und Anerkennungspreisen, die Durchführung des Landeswettbewerbes "Alte Sprachen", die Veranstaltung von Vorträgen, die Herausgabe einer Schriftenreihe und die Unterstützung von Projekten, die sich mit der Antike befassen, wie Dr. Wolfgang Drasch, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, im vollbesetzten Festsaal in Anwesenheit von namhaften Vertretern der Politik, der Wissenschaft und verschiedener Verbände eindrucksvoll darlegte.

 

  II. Festrede

"Schüler, ihrerseits Anfänger, wollen Anfängliches, nichts Abgeleitetes. Das Griechische kommt diesem Bedürfnis wie kein anderes Fach entgegen. Für uns Lehrer ergibt sich daraus die Maxime: Wir sollen uns auf die wesentlichen Texte beschränken, auf diejenigen, die Ursprüngliches bieten." - Albert von Schirnding, selbst Griechischlehrer und Schriftsteller, ging in seine Festrede mit dem Thema Das Wunder des Ursprungs - Griechische Anfänge von dieser lapidaren Tatsache in seiner langjährigen Erfahrung aus, um in einer glänzenden Rede diese These überzeugend zu rechtfertigen.
Die Griechen selbst bieten zwei Modelle an für das Verständnis und die Deutung des "Anfangs": Da ist einerseits der aristotelische Entwicklungsgedanke, das der Anfang bereits das Ende in sich trage, andererseits dessen Umkehrung, wenn Hesiod schon im Anfang das Höchste einer Bewegung erkennt, wie der Mythos vom Goldenen Zeitalter belegt.
Hinsichtlich der griechischen Dichtung und Philosophie, im ägäischen Raum erstmals aufkommend, sieht von Schirnding das "Wunder des Ursprungs" im hellen Licht griechischer Phänomenalität, nicht als verborgenes Unbegreifliches.
Gerade der Blick auf das homerische Epos veranschaulicht, wie zu verschiedenen Zeiten diese Dichtung als Ausdruck unverstellten natürlichen Empfindens ("Wiegengesang") oder aber kopflastig als philologisches Arbeitsfeld vielschichtiger Zerlegungskunst verstanden wurde.
Homer gilt den deutschen Klassikern noch als Dichter der "Heiligen Frühe", die Ilias als "Sonne der Dichterwelt". Die aufkommende Philologie und der Historismus machen aus ihm einen Kompilator und üben sich mit scharfsinnigen Instrumenten nüchterner Ableitungskunst auf hohen Bergen von Sekundärliteratur, bis dann am Anfang unseres Jahrhunderts als Gegenbewegung zu diesem dechiffrierenden Alexandrinertum Stefan Georges "hellas ewig unsre liebe", von Nietzsche herkommend, den Blick auf das Urphänomen zurückführt: die Verkündung der "Heiligen Frühe".
Diese "Anfänglichkeit" demonstrierte von Schirnding an drei Beispielen, die zum Lektüreplan des Griechischunterrichts in Bayern gehören.
1. Hektors Abschied von Andromache (aus dem sechsten Buch der Ilias). - Mitten im Sturm öffnet sich ein Innenraum für die Begegnung der beiden Gatten, für die Entdeckung des Menschen. Diese Szene Homers steht für "Anfänglichkeit" im doppelten Sinn: zunächst für die Neuartigkeit der Erfassung von Grundfiguren des Menschlichen, dann aber auch für das liebevolle Interesse am Anfänglichen, hier: am kleinen Kind, dessen Unfähigkeit zur Verstellung Hoffnung keimen lässt, dass Zukunft anders, besser wird.
2. Sapphos Gebet zur Liebesgöttin Aphrodite. - Es ist die Bitte einer Betenden - in Liebesnot und Sorge - um Epiphanie der Göttin, die an einen Präzedenzfall erinnert wird, als die Göttin das Flehen schon einmal erhörte. Deren "wirkende Gegenwart" wird durch die an Sappho gerichtete wörtliche Rede gekennzeichnet. So wird aus der Rufenden die Angerufene, das Ich zum Du, wie in Parmenides' Himmelfahrt zur Göttin der Wahrheit. "Das Subjekt der himmelsstürmenden Erkenntnis wird zum empfangenden Gefäß" und es folgt "die Verheißung einer in der erinnerten Vergangenheit liegenden Zukunft, die das genaue Gegenbild zu der durch qualvollen Mangel gezeichneten Gegenwart darstellt." - Ein Stoßseufzer zu vollkommener Kunstgestalt verwandelt, ohne Vorläufer blitzartig da: thauma.
3. Anaximanders apeiron. - Am Anfang der Philosophiegeschichte steht ein unfassbarer geistiger Kraftakt: die Fülle der Erscheinungen zugunsten eines einzigen abstrakten Begriffes "wegzuzaubern". Thales von Milet sieht im Wasser den Anfang von allem. Bereits Homer stellt zum "Meer" das Attribut apeiron. Die sinnliche Wahrnehmung wurde abstrakter Begriff. Das Ewige, Unendliche muss anfanglos sein, ohne Begrenzung. Ein echter Anfang des Wesens von allem.
"Wir brauchen nur unverblendete Augen, um die Texte, auf die es ankommt, so zu lesen, wie sie gelesen sein wollen. Zu entdecken bleibt übergenug", schließt von Schirnding. Von der CD-ROM hält er nichts.  

 

III. Laudatio

In seiner Rede auf Prof. Dr. Hans Maier, den früheren bayerischen Kultusminister und jetzigen Lehrstuhlinhaber für christliche Weltanschauung und Religions- und Kulturtheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, anlässlich der Verleihung der Elisabeth-J.-Saal-Medaille in Gold entwickelte Prof. Dr. Friedrich Maier von der Humboldt-Universität zu Berlin den Stellenwert europäischer Kultur, ausgehend von den antiken Wurzeln, innerhalb einer Bildungstheorie der Zukunft im Zeitalter der Globalisierung und des High-Tech, ein Thema, zu dem Hans Maier über Jahre hinweg mit prometheischem Weitblick fundamentale Beiträge formuliert hatte.
Schon anfangs der neunziger Jahre hatte Hans Maier vor der Hybris eines dominanten Eurozentrismus gewarnt, darin bestätigten ihn bald Philosophen, Soziologen und Kulturkritiker, wie Ram Adar Mall, Paul Lepenies und Samuel P. Huntington. Auf der Suche nach der europäischen Identität sieht Roman Herzog Europa primär nicht als ein politisches oder gar ökonomisches Phänomen. "Das, was uns Europäer zunächst einmal eint, ist unsere gemeinsame europäische Kultur." Friedrich Maier erkennt in diesem Begriff in Anlehnung an Rismag Gordesiani eine "Prägung durch kritisches, analytisch-wissenschaftliches Denken", das schließlich den technischen Fortschritt und zivilisatorischen Standard von heute schuf, gepaart mit dem Auffinden des "Gewissens", das den verantwortlichen Umgang mit dem Geist erst ermöglicht. Friedrich Maier sieht die Chance eines selbstbewussten Europas darin, sich aus einem geographischen Agglomerat zu einem "Europa des Geistes und der Kultur" zu entwickeln. Dies geschieht in einer Art "Spurensuche und Spurensicherung", indem die Wirkungsmacht und Initialkraft des antiken Denkens erkannt werden. So ist aus dem "ägäisch-hellenischen Modell" (Gordesiani) mit der Unterstützung Roms und in Symbiose mit dem Christentum das Europa der Gegenwart geworden.
Hans Maier's Leistung besteht darin, dass er zunächst in der Zeit der curricularen Erneuerung der Schule den Platz der Alten Sprachen in Bayern bildungspolitisch gefestigt und dann heute den Begriff der "Allgemeinbildung" in den Vordergrund künftiger Bildungsplanung gerückt hat.
Prof. Dr. Hans Maier, selbst Humanist, hat durch seine administrative und wissenschaftliche Arbeit in Bayern das Ziel der Förderung einer an der Antike orientierten Humanistischen Bildung in einem herausragenden Maße unterstützt. Ihm wird deshalb die Elisabeth-J.-Saal-Medaille in Gold verliehen.
Der zu Ehrende bedankte sich mit einem existentiellen Bekenntnis, Seneca zitierend: Otium sine litteris mors est et hominis vivi sepultura. [Vgl. epist. 82,3; Anm. d. Red.]  

 

IV. Epilog

Es erübrigt sich zu melden, dass die Organisatoren die Festveranstaltung musikalisch durch Orchester und Chor zweier Münchner Gymnasien prächtig umrahmen und abschließend mit einem noblen Empfang lukullisch ausklingen ließen, so dass sich die Antike samt ihren Bewahrern und Bewunderern an diesem festlichen Abend von ihrer schönsten Seite darstellen konnte.
Oder war alles nur der frisch aufpolierte "Elfenbeinturm"? - Drinnen glänzten Athen und Rom, draußen tönen Maastricht und Schengen. Deshalb merke: Anders als aus einer CD-ROM der Homer-Unterricht Albert von Schirndings zögen die Alten Sprachen aus einer Präsenz in den Medien und einer Präsentation einer so glanzvollen Veranstaltung im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung oder im Phoenix-Kanal unvergleichlichen Nutzen für ihre wohlbegründeten Anliegen.

      Alfred Selmaier, München    

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  Franz Strunz:  Eine Frau in Epikurs Garten

Ulla Hahn hat ihren 6. Gedichtband von 1995 ,,Epikurs Garten" benannt. Wenn man aus dem Titel schließen wollte, der Philosoph von Samos sei Zentrum des Bändchens, so ist dahin zu modifizieren, dass die Mehrzahl der Gedichte zwar in einem Garten spielen oder ihn voraussetzen, dass aber genuin epikureische Philosophie nur in dem Schlusspoem der Gedichtgruppe, die den Titel "Epikurs Garten" trägt, zur Sprache kommt. Dieses Schlussgedicht nun trägt wiederum den gleichen Titel wie der Gesamtband und wie die erwähnte Gartengedichtgruppe innerhalb von insgesamt vier, jeweils in sich zusammengehörigen, Lyrikgruppen dieses Buches. Von seiner Positionierung kommt dem hier zur Sprache gebrachten Gedicht daher ein zentraler Platz innerhalb des Bandes zu.
Ulla Hahns Gedichte erscheinen seit 1981. Ihr Hauptthema ist die Liebe in allen Erscheinungsformen. Frohgemute Gedichte stehen neben tieftraurigen, ungewöhnlich sinnliche sind zu leidenschaftliche Emotionen reflektierenden gesellt. Ulla Hahn liebt gefährlich. Mit jeder neuen Beziehung begibt sie sich unbedingt und ungeschützt in die Arme des Geliebten und braucht dann lange Monate, ja Jahre, um sich von Verwundungen zu erholen. Schmerzvolles wie lustvolles Leben geht in die Gedichte ein. Die emotionalen Töne sind neu, weil vielfach durch Ironie gebrochen. Was an ihnen besticht, ist ihre Offenheit. Ihr Zauber, von vielfältiger Form- und Versvariabilität, die ihr mühelos verfügbar ist, getragen, zieht den Lesenden in Bann. Ihre Gedichte lassen die heutige Qualität der Liebe, ungesichert durch Konventionen wie sie ist, und den aus ihr folgenden Schmerz in enger Fühlung miterleben und scheinen - die Auflagenzahlen zeigen es - heutigem erotischem Empfinden im Ausdruck kongenial.
,,Ich schreibe gern im Garten", sagt Ulla Hahn von sich selbst (1994, S. 8). Der Garten als Arbeitsplatz ist ihr wohlvertraut.
Der Garten im epikureischen Sinn, als Ort der Einübung in Weisheit, in Eudaimonia, gleichfalls? In dem Gedichtband "Epikurs Garten" haben ihre früheren leidenschaftlichen Liebesschmerzwallungen - sie ist zur Publikationszeit 49 Jahre alt - einigermassen zur Ruhe, ja zu einer gewissen Abgeklärtheit gefunden:
    Schnee ist gefallen
    Ein Wunder die Wiese vorm Haus
    Hand in Hand
    Du und ich
    Im reinen Schnee (S. 8)

Die Dichterin besingt und beklagt jedoch nicht nur das Lieben. Eines der Ostinati ihres Singens ist die Vergänglichkeit, die Hinfälligkeit, der Tod. Ihre Themen sind mithin die Fundamentalia, die Essentialia des Lebens. Auch das ist einer der attraktivsten Züge der Lyrikerin, weil gerade diese Themen zum Nachdenken, vielleicht zum Wesentlichwerden, nötigen. Sie dichtet mit Tiefen-lot. "Schreiben", sagt sie (1994, S. 4), "das nicht an die Substanz geht, lohnt den ganzen Aufwand nicht" und "Gedichte brauchen Zeit. Lebenszeit und Lebenserfahrung. Sie sind Kondensate gelebten Lebens". Es genügt die Lektüre einiger weniger Gedichte und man glaubt es ihr unverzüglich.
Unmittelbar vor dem Gedicht "Epikurs Garten" ist das lyrische Gebilde "Erde" plaziert, das in barocker Manier eindringlich unser aller zukünftiges Ende zum Thema hat. Die Erde spricht:
       .. woher
    ihr kommt wohin ihr geht: Ich weiß es.
    Euch alle kriege ich. Zuerst das Weiche dann
    die harten Knochen
    ...
    Eins sind wir verschieden umkleidet.
    Warte nur und du fühlst
    dich nicht anders an als ich.
    Berühre mich
    noch einmal wie den
    den du liebst. Und geh zu ihm. (S. 45)

Gewiss ist mit dem letzten Satz der Geliebte gemeint, aber ebenso gewiss auch der im folgenden Gedicht eingeführte Weise Epikur, der einen Garten zur Einübung glücklichen Lebens gewählt hat.

    Epikurs Garten
    Beim Ysop stand er wünschte mir Freude
    wie man Guten Tag sagt.
    Nicht hungern nicht dürsten nicht frieren.
    Das alles ist dir gegeben du darfst
    dich selbst messen mit Zeus. Ich notiert es.
    Beim Akanthus ließ er sich nieder ich bot ihm Käse Wein Feigen wir machten es uns glückselig. Der Tod ist für
    uns ein Nichts. Keine Empfindung besitzt,
    was der Auflösung zufiel. Was aber
    keine Empfindung mehr hat - ich notiert es -
    das kümmert uns nicht. Wir lauschten dem Ahorn.
    Ohne Wissen von der Natur kann man keine Freude
    vollkommen genießen. Notiert ich. Wem genug zu wenig ist
    dem ist gar nichts genug. Ein griechisch Himmelblau
    durchspielte die Reden. Wie notieren? Grün sagte er ist gut
    für die Augen Grün ist Leben.
    Aber der Sinn fragte ich der Sinn der Sinn des Lebens ist
    das Leben sagte er. Ich notiert es.
    Wir tranken noch einen Klaren. Lebe verborgen empfahl er wie man Lebe wohl sagt
    und verschwand
    Madison Ecke 78th wo es die klassischen hamburger gibt. Der
    Inopos rauschte vorüber.

Auch der griechische Philosoph macht all die Fragen zum Thema, die den Menschen ängstigen: das Maß seiner Begierden und die Unsicherheit, wie diese zu stillen seien, ferner den Tod, die Lust, den Schmerz. So stellt sich denn Hahns Gedicht als Cursus epikureischer Philosophie vor, als kurzes Sendschreiben des Philosophen aus dem Kepos zur Lebensführung. Der Epikur ihres Gedichts befindet sich freilich nicht in seinem athenischen Garten, sondern, wie sich bald erweist, in der Stadt New York. Die Dichterin, als Journalistin agierend, ist dem Philosophen an einem mittelmeerischen Baum (Ysop) begegnet oder am Stehimbiss, während er ein bitteres Getränk (Ysop wird in einem Lexikonartikel als "magenstärkendes Kraut" aus demselben Baum beschrieben) schlürft. ,,Ich frage die, die mir vorangegangen sind", schreibt Hahn (1988, S. 90), "wie es um uns, ihre Nachfahren, steht. Indem ich Fragen aus meiner Zeit stelle, antworten sie als Zeitgenossen. Kunstwerke sind Antworten."
Der Epicurus Americanus also wünscht der Autorin Freude und schlägt damit sein Grundthema an. Denn Lust ist unstreitig das oberste Gut des Philosophen, wenn er auch, mangels unschädlicher Lustgewinnung, Schmerzfreiheit als mit der Lust gleichberechtigt danebenstellt. Zugleich wünscht er ihr "Freude wie man Guten Tag sagt". Das ist insofern nichts Ungewöhnliches, als alles Grüßen auf der Welt mit guten Wünschen an den Begrüßten verbunden ist.
chaire / chairete war in der Antike der Willkommens- und besonders der Zutrunkgruß und ist es im heutigen Griechenland immer noch. Nun beginnt jene Reihung von Ratae Sententiae (kyriai doxai), epikureischen Lehrsprüchen, die seine Schüler als Leitgedanken einer zuträglichen Lebensführung ständig vor Augen haben sollten. So auch der epikureische Amerikaner mit dem Spruch 33 des Gnomologium Vaticanum (Gigon, S. 108), wonach es uns die Stillung der Hauptnotwendigkeiten ("Nicht hungern nicht dürsten nicht frieren") gestattet, uns mit Göttern zu vergleichen. "Denn nicht Trinkgelage und ununterbrochenes Schwärmen und nicht Genuß von Knaben und Frauen .. erzeugt das lustvolle Leben, sondern die nüchterne Überlegung, die die Ursachen für alles Wählen und Meinen erforscht und die leeren Meinungen austreibt" (Gigon, S. 104).
Die Journalistin, die Epikur die Fragen stellt, notiert fleißig mit und beide lassen sich zu gemeinsamem Mahl einfacher Speisen bei einem griechischen Akanthus nieder, wie es wohl im wirklichen Kepos oftmals zu wegweisenden Gesprächen (symphilosophein ) eingenommen wurde. Es geschieht durchaus ein Austausch. Für das Picknick sorgt die Fragerin, für die Unterweisung der Epikur der Neuen Welt. Beide machen es sich, wie eben Epikurs åjäáéìïí , das Grundziel epikureischen Philosophierens, zumeist altfränkisch gestelzt ins Deutsche übersetzt wird, "glückselig". Wie das horazische "pallida mors" (Od. 1,4,13) neben die Schilderung des üppigen Frühlings - epikureisches Lebensgefühl kat' exochen - zu stehen kommt, so hier "glückselig" neben "Der Tod", den präsumptiv größten Feind menschlicher Glückseligkeit. Jedoch ist der geniale Gedanke Epikurs, dass, wenn der Tod da ist, wir nicht mehr sind, und wenn wir sind, der Tod nicht ist (Gigon, S. 101), keinerlei Widerspruch zur Glückseligkeit. Es ist ihm durch des Philosophen Dictum gleichsam der Stachel gezogen. Nichtempfinden nach dem Tod bekümmert uns nicht. Die Befragerin notiert es und findet Zeit zum Genuss des Ahornrauschens, einer der glückseligmachenden Köstlichkeiten des Daseins.
Epikur doziert weiter, daß ohne Kenntnis der Natur das Ziel "Freude" nicht zu gewinnen ist, die Kenntnis nämlich, dass die gesamte Physis aus Atomen besteht, aus welchen alles, was ist, immer neu gebildet wird und wiederum in sie zerfällt, dass Götter zwar sind, aber sich nicht um uns bekümmern, so dass wir post mortem keine Bestrafung im Hades oder Tartarusqualen zu befürchten haben. Erst dieses Wissen, nämlich dass wir vollkommen auf uns gestellt sind und alle Mittel zu einem guten Leben selbst bereitstellen und finden müssen, macht uns angstfrei und zur Freude fähig. Die Reporterin notiert es ebenso wie eine weitere Sentenz epikureischer Lehrprovenienz: "Nichts genügt dem, dem das Genügende zu wenig ist" (Gigon, S. 112).
Ist die Annahme zu viel, dass die Beziehung zwischen dem epikureischen Weisen und der ihn befragenden Frau langsam und allmählich ein ganz klein wenig an erotischen Nuancierungen gewinnt? Die Worte des Weisen werden erfasst, aber auch das Annehmliche der Worte, das beziehliche Zwischen-den-Zeilen, das Anziehende des Mannes, das "griechisch Himmelblau", das das Gespräch durchzieht. Sokratischer Eros west und waltet. Denn plötzlich hat die Autorin ihre sachlich-distanzierte Interviewhaltung verloren. Sie vermag das Atmosphärische der Unterredung nicht mehr in Worte zu fassen, nicht mehr zu notieren. Sie ist auch darin etwas aus der Rolle geraten, dass sie Epikur ihre eigenen Gedanken unterlegt, nämlich die, dass Grün gut für die Augen, ja dass es das Leben selbst sei. Es ist durchaus zu bezweifeln, dass solch romantisches Gedankengut Epikur, und sei es auch in seinen vielen verlorenen Schriften, je in den Sinn gekommen sei, ebenso wie der folgende Gedanke, der ein nachhellenischer, christlich-europäischer ist, nämlich die unvermittelte und eindringlich wiederholte Frage nach dem "Sinn des Lebens", wie man eben einen Weisen, dem man alles Wissen um das Leben zutraut, zu fragen pflegt. Karl Löwith weist den Ursprung dieser Frage dem jüdisch-christlichen Denkkreis zu, der von einer Weiterentwicklung des Weltganzen durch Gottes jederzeit mögliches Einwirken darauf ausgeht.
Jedoch: "Gegenüber der Welt im Großen und Ganzen verliert die Frage nach dem Sinn im Sinn eines ,Wozu` oder Zweckes ihren Sinn, denn das immer gegenwärtige Ganze des von Natur aus Seienden, welches wir Welt nennen, kann nicht noch zu etwas anderem außer ihm und in Zukunft da sein. Als das Ganze des Seienden ist die Welt immer schon vollständig und vollkommen selbständig und die Voraussetzung auch aller unselbständigen Existenzen" (S. 460), nämlich von uns Menschen und von allen Kreaturen.
Auch für Epikur hat die Welt keinen Anfang und kein Ende. Sie verwandelt sich nur und ständig. Aber die Sinnfrage stellt sich bei ihr nicht. Sie stellt sich für uns mit der Frage, ob wir uns zu einem sinnvollen Leben hin zu entwickeln vermögen oder nicht. Der epikureische Amerikaner antwortet, ganz im Sinne Epikurs durchaus überrascht, auf die Frage nach dem Sinn der ihn aus dem späteuropäischen Begriffsverständnis heraus befragenden Frau: dass nämlich der Sinn des Lebens das Leben sei. Sie notiert es, mit leichtem Unverständnis, ist anzunehmen. Das Gedicht schweigt darüber.
Die beiden setzen ihr Symposion mit einem "Klaren" fort, der vielleicht auch auf die vermehrte Klarheit verweist, die die Befragerin bekommen haben mag. Danach beschließt der Philosoph die Zusammenkunft mit einer Empfehlung, welche von der Position der Philosophenschule ausgeht, dass nämlich, im Gegensatz zum Peripatos, Wissen an sich nichtig ist, Wissen jedoch, das zu einer guten Lebensführung beiträgt, wertvoll. Lathe biosas, das heisst: "Bekümmere dich für dich um ein gutes Leben", mag bei den Epikureern, als erteilter Rat, der übliche Gruß zum Abschied gewesen sein. Damit verschwindet Epikur ,,Madison Ecke 78th", wo es - Lust ist nicht verboten, vielmehr bleibt sie das summum bonum - die klassischen Hamburger gibt. Das "Klassische" behält indes das letzte Wort: die Herkunft aller Weisheit aus griechischen Lehrern der Weisheit. Bei Epikurs Weggang rauscht der Inopos (ein Trockenfluss auf Delos, dessen reißendes Rauschen nur im Frühling bei Regenzeit vernehmbar ist) vorüber, genauso wie man jemandes Weggang, dessen gedankenträchtiges Gespräch viel Bedenkenswertes und Neues an- und aufgerührt hat, als mitreißendes Vorüberrauschen erleben mag. Zugleich ist mit dem klingenden antiken Flussnamen das Band zwischen der Antike und der Moderne, zwischen dem samischen und dem New Yorker Lehrer der Weisheit reinstalliert, vielmehr im über die Zeiten nie abgerissenen Austausch neu bekräftigt.
",Epikurs Garten` versucht sich an einer Lebenskunst jenseits der Emphasen, aber auch jenseits der Resignation. Seelenruhe und Welterkenntnis werden poetisch erprobt", schreibt Hieber. Dass die neugewonnene Weisheit Ulla Hahns sich nicht zu bedenklichen Ausmaßen ausgewachsen hat, teilt uns die Autorin selbst in der Gedichtgruppe "Den Garten verlassend" desselben Bandes mit. Darin findet sich das Gedicht "An Epikurs Schwester", mit der sie sich offensichtlich selbst bezeichnet und voller Selbstironie dichtet:
    Glücklich zu leben versuchst du nun
    ja Stabhochsprung ist eine feine Sache.
    ...
    Bist du oben
    lebst du wie immer wenn du Glück hast
    in besserer Luft und der Absturz nun
    ja man gewöhnt sich
    an alles (S. 72)

Zur Verinnerlichung epikureischer Weisheit und Lebensführung hat Ulla Hahn schon noch einen längeren Weg vor sich. Aber sie hat ihn angetreten, wie übrigens so manche Frau in Epikurs Athener Kepos auch. Es lebten in der Gartengemeinschaft die Frauen seiner Schüler und auch Hetären, gebildete Frauen und Aspirantinnen epikureischer Philosophie, mit denen auch eine karnale Beziehung möglich war. Die Distanz - die vielleicht auch einen Schuss Skepsis enthält - der den Philosophen interviewenden Reporterin, ist deutlich an dem den Text des Gedichts unterteilenden "Ich notiert es" wahrzunehmen, besonders deutlich jedoch in dem zwischen Gedankenstrichen gesetzten Sätzchen, welches implizite zum Ausdruck bringen mag, dass der Schrecken vor dem Tod durch diesen, im Grunde natürlich richtigen, Gedankengang (Gedankenspieltrick?) sich nicht so leicht hinwegeskamotieren lässt. Bei aller freundlichen Skepsis jedoch ist die Reflexion der Reporterin in Gang gekommen. Das Interview wird sich in seiner Wirkung nicht in einem Journalartikel erschöpfen.
Das Gedicht ist in freien Rhythmen geschrieben, die sich keineswegs in allen Gedichten Ulla Hahns finden. Sie beherrscht traditionelle Versifizierung hervorragend, löst sie aber auch gerne auf. "Es gibt keinen freien Rhythmus, nur einen notwendigen Rhythmus", schreibt sie (1994, S. 34). Unvorstellbar wäre in der Evozierung des antiken Weisen allerdings postantikes Reimen. Rhythmus in Gestalt nicht stets streng durchgeführter Daktylen gibt dem Gedicht die Form und sorgt für ein merkliches antikisierendes Flair. "Unkonventionell werden da Figuren aus der Antike auf den Boden unseres Jahrhunderts gestellt, sich mit den Gefühlen des modernen Menschen in sie hineingedacht", schreibt v. Korff. Und, können wir hinzufügen, es wird von Hahn den in der Antike gespeicherten Schätzen für unsere Zeit entnommen, was unserem Leben zuträgliche Verwendung finden kann. Ulla Hahns wenige Gedichte, die sich zu antiken Gestalten zurückwenden, bezeugen erneut deren zeitübergreifende Modernität.

Literatur
v. Arnim, H.: Epikuros. Paulys Real-Encyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft 6, 1909, 133-155.
Gigon, O. (Hg.): Epikur: Von der Überwindung der Furcht. Deutscher Taschenbuch Verlag 1991.
Hahn, U.: Unerhörte Nähe. Stuttgart 1988.
Hahn, U.: Poesie und Vergnügen - Poesie und Verantwortung. Heidelberg 1994.
Hahn, U. Epikurs Garten. Stuttgart 1995.
Hieber, J.: Eine Frage der Perspektive. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 99, 27, 4. 1996.
v. Korff, C.: Fußtritte, die antreiben. Liebesromanze und Schreckensbild: Ein Gespräch mit der Lyrikerin Ulla Hahn. Rheinischer Merkur / Christ und Welt, 22. 8. 1986.
Löwith, K.: Curriculum vitae. Sämtliche Schriften 1. Stuttgart 1981, 450-462.

   Franz Strunz, Deisenhofen


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Franz - Peter  Waiblinger:  Überlegungen zum Konzept des lateinischen  Sprachunterrichts

Joachim Gruber zum 60. Geburtstag

Die übliche Methode, die Kinder in den Schulen zu unterrichten, kommt mir ganz so vor, als ob jemand den Auftrag bekommen hätte, mit Mühe und Fleiß eine Weise oder Methode auszudenken, mittels derer Lehrer wie Schüler nur mit ungeheurer Arbeit, starkem Widerwillen und endlosen Mühen und erst nach sehr langer Zeit zur Kenntnis der lateinischen Sprache hinführen bzw. geführt werden können.
Eilhard Lubinus, 1617    

1. Die Situation
Es ist ein merkwürdiger Widerspruch: Seit der Curriculumreform vor 25 Jahren werden die Lateinbücher immer bunter, immer anregender, immer einfallsreicher, die Lehrpläne immer anspruchsvoller, und Lern- und Unterrichtshilfen stehen in immer größerer Fülle zur Verfügung - und doch fehlt es bei vielen Schülern an Begeisterung, sind die Ergebnisse des Unterrichts oft dürftig, die Sprachkenntnisse nicht selten erbärmlich. Sogar im Anfangsunterricht scheint die Motivation der Schüler manchmal schon nach kurzer Zeit aufgebraucht zu sein, und die Klagen über ein ungeliebtes, wenn nicht sogar verhasstes Fach sind weithin zu hören. Wenn selbst Eltern, die davon überzeugt sind, daß die Alten Sprachen für die Bildung eines jungen Menschen wichtig sind, erklären, noch einmal würden sie ihrem Kind Latein nicht "antun", so müssen wir uns fragen, ob wir mit dem Konzept des Sprachunterrichts auf dem richtigen Weg sind.
Enttäuschung entsteht vor allem dann, wenn der Unterricht mit Misserfolg verbunden ist und wenn das Ergebnis eines mehrjährigen Lateinunterrichts so gering ist, dass man sich fragt, ob sich der Aufwand gelohnt hat. Man täusche sich nicht: Auch wenn das Fach heute weit mehr ist als Sprachunterricht, weil es auch historische, philosophische und literarische Kenntnisse vermittelt und eine Einführung in die antike Kultur bietet, so wird es doch unglaubwürdig, wenn jemand,der jahrelang Latein gelernt hat, am Ende nicht einmal die simpelste Inschrift und das schlichteste lateinische Zitat übersetzen kann. Dann wird das Fach zur Farce, denn die sogenannten Sachkenntnisse bleiben ohnehin immer bruchstückhaft und drohen schnell verloren zu gehen. Wenn der Sprachunterricht aber auch noch den Anschein erweckt, er entferne sich von den traditionell geschätzten Tugenden der Systematik, der Klarheit und Durchschaubarkeit der sprachlichen Form, des logischen Aufbaus, kurz all jener Elemente, die zu der trotz aller berechtigten Kritik immer noch nicht völlig geleugneten "formalen Bildung" führen - dann gerät das Fach in wirkliche Legitimationsnot.
Wer von Misserfolg im Unterricht spricht, bekommt meist schnell zu hören, die heutigen Schüler seien eben für Latein nicht mehr geeignet. Hier muss man, glaube ich, eine grundsätzliche Entscheidung treffen. Wenn wir der Meinung sind, Latein sei ein Fach, dem nur die besonders Begabten gewachsen sind, dann brauchen wir über die oben genannten Probleme nicht weiter zu reden. Besonders begabte Kinder könnten Latein auch mit ungeeigneten Methoden lernen. Wir dürfen uns dann allerdings nicht wundern, wenn die Zahl der Lateinschüler weiter abnehmen wird. Wenn man jedoch überzeugt ist, dass die Alten Sprachen für die allgemeine Bildung eines jungen Menschen etwas Wesentliches beitragen, dann wird man wünschen, dass möglichst viele Schüler, die das Gymnasium, so wie es heute ist, besuchen, auch in den Alten Sprachen unterrichtet werden.
Gewiss sind die Schüler im letzten Viertel des Jahrhunderts nicht gescheiter geworden, und ihre Konzentrationsfähigkeit ist nicht gestiegen. Es wäre daher verfehlt, wenn wir die "traditionell hohe Hürde zu Beginn des Lateinunterrichts"1 noch erhöhen wollten. Leider geschieht genau das, und gerade die jüngste Generation der Lehrbücher scheint die Anforderungen noch zu verschärfen. Wir dürfen jedoch die Schüler, die - freiwillig! - Latein gewählt haben, nicht durch Schwierigkeiten enttäuschen und entmutigen, die sachlich nicht begründet werden können. Die Fachschaft Latein des Karlsgymnasiums München hat diese Forderung in erfreulicher Klarheit ausgedrückt.2 Vor kurzem plädierte Rupert Farbowski für ein Umdenken, da der Lateinunterricht "einem heutigen Durchschnittslateiner Leistungen abverlangt, die keinem (...) Internatsschüler in den Fünfzigern oder Sechzigern abverlangt worden sind".3
Inwiefern sind die Anforderungen gestiegen? Über die heute bei Latein als zweiter und späterer Fremdsprache weithin übliche sogenannte "horizontale Einführung" soll hier nicht diskutiert werden.4 Dass sich die Anforderungen, die an den Anfänger gestellt werden, dadurch erhöht haben, dürfte wohl niemand bestreiten. Dafür nur ein Beispiel: In einem neuen Lehrbuch enthält die erste Lektion Verben der a-, e-, i- sowie der konsonatischen Konjugation und der i-Stämme (clamat, gaudet, audit, plaudit, facit) und Substantive der a-, o- und konsonantischen Deklination (also auf -a, -us, -um, -or, -ar, -er, -us/-eris, l und -o). Neutrum Plural -a (verba) steht neben Femininum Singular turba. Neben Substantiv und Verb sind in dem Lesestück noch folgende Wortarten vertreten: Adjektiv (allerdings in einer Fußnote übersetzt), Adverb, Interjektion, beiordnende und unterordnende Konjunktion und Verneinung. Kann im Kopf des Anfängers etwas anderes als Chaos zurückbleiben? "Töricht ist, wer die Schüler so viel lehren will, wie er wünscht, und nicht so viel, wie sie fassen können", schreibt Comenius in seiner Großen Didaktik5.
Doch auch davon abgesehen haben sich die Rahmenbedingungen des Lateinunterrichts so geändert, dass die Schwierigkeiten für die Schüler größer geworden sind: Seit der Curriculumreform ist der Lateinunterricht insgesamt und in der Wochenstundenzahl verkürzt worden. Vorher dauerte der Sprachunterricht bei Latein als erster Fremdsprache fünf Jahre und bestand aus fast nichts anderem als Grammatikunterricht. Der Unterricht beschränkte sich auf Wortschatz- und Grammatikvermittlung, von Sprach- und Textreflexion, von Textgrammatik war nicht die Rede, von antiker Kultur hörten die Schüler nur dann etwas, wenn der Lehrer einmal ins Plaudern kam - dass man für die Schulaufgabe auch "Sachinformationen" lernen müsste, hätte man für völlig abwegig gehalten.
Heute hat ein Schüler in kürzerer Zeit und bei geringerer Wochenstundenzahl trotz der Reduktion des Wortschatzes und des Grammatikstoffs mehr zu bewältigen, da der Grammatikstoff komprimiert wurde, so dass die Phänomene weniger häufig auftreten und deswegen weniger leicht gelernt werden können. Zum Wortschatz und zur Grammatik kamen außerdem als neue Lernziele Sprach- und Textreflexion hinzu, schließlich auch der Lernbereich "Antike Kultur". Das ist erfreulich und für einen modernen Sprachunterricht notwendig - aber es ist einfach eine Tatsache, dass für die Wortschatz- und Grammatikvermittlung damit weniger Zeit zur Verfügung steht.
Der entscheidende Grund für die größeren Schwierigkeiten des Fachs liegt jedoch in einem neuen Prinzip der Stoffvermittlung, das in der Didaktik und in den Lehrbüchern wie ein ehernes Gesetz zu gelten scheint: in dem Grundsatz, Latein durch (originale) Texte zu vermitteln.
Man hat dieses Prinzip mit dem neuen Konzept des Sprachunterrichts begründet, der nicht mehr als Eigenwert, sondern vorrangig als Mittel zum eigentlichen Ziel des Lateinunterrichts, der Lektüre und Interpretation lateinischer Originaltexte, verstanden wurde.6 Durch die Verwendung lateinischer Originaltexte sollten Sprach- und Lektüreunterricht möglichst eng miteinander verzahnt, im Idealfall sogar zur Deckung gebracht werden können. Der Stoffvermittlung durch Einzelsätze schien damit der Boden entzogen zu sein. Denn Ziel war auch im Sprachunterricht "stets die Entwicklung der Fähigkeit des Schülers, sich mit Originaltexten auseinanderzusetzen".7 Man musste sich nun "bewußt von der Vorstellung abwenden, der einführende Sprachunterricht in der Sekundarstufe I sei primär und vor allem Grammatikunterricht".8 Die Grammatik dürfe "nicht den Ausgangspunkt der Beschäftigung mit dem Text bilden",9 hieß es nun. Zuerst müsse der "Inhalt des Textes und seine sprachliche Gestaltung umrißhaft" erfasst werden.10 Dabei sei es "unerläßlich, daß sich der Lehrer in seinem verständlichen Verlangen, auf offenbar werdende Defizite in den grammatischen Kenntnissen oder auf eine neue grammatische Erscheinung einzugehen, zügeln kann".11 Erst in einer dritten Phase der Texterschließung erfolge die Gramma
tikarbeit, die allerdings auf die Satzebene bezogen sei, es könnten sogar "ad hoc entworfene Mustersätze" als weiteres Material herangezogen werden.12 Ein Problem der Originalsätze sei, dass sie Inhalte, nicht Grammatik vermitteln wollen: "Sie bedienen sich der Grammatik, aber sie sind nicht dazu gemacht, in die Grammatik einzuführen und sie einzuüben".13 Die Originaltexte "sperren sich gegen Versuche einer von Anfang des Unterrichts an durchgehend einsträngigen Systematisierung (...); sie stellen nicht ohne weiteres das Material für die immanente Wiederholung eines bestimmten Wortschatzes zur Verfügung; sie konfrontieren grundsätzlich von Anfang an mit der Fülle aller syntaktischen Erscheinungen".14 Ferner könne "das Bemühen um das Verstehen des Inhalts und der Abfolge des Textes dazu verleiten (...), die exakte Klärung sprachlicher Einzelheiten zu vernachlässigen. Das kann bei den Schülern zu einer zunehmenden Unsicherheit im Erkennen von Erscheinungen der Syntax und der Formenlehre führen".15 Ein weiteres Problem sei die Tatsache, dass in Originaltexten einerseits oft zu wenig Grammatikstoff vorkomme, andererseits aber auch Erscheinungen zu finden seien, "die noch nicht Gegenstand des Unterrichts waren und es auch nicht sein sollen, also grammatische Vorwegnahmen"16 - doch: "Sollten Schüler es einmal genauer wissen wollen, dann muß man darauf eingehen. Aber auch dann soll die Erklärung einen vorläufigen Charakter haben (...)".17 Man kann sich kaum des Eindrucks erwehren, es werde hier eine Methode propagiert, die nicht nur objektiv betrachtet höchst problematisch, sondern auch den berechtigten Wünschen der Lehrer und der Schüler geradezu entgegengesetzt ist.
Man kann verstehen, dass die Textmethode als Reaktion auf die Einzelsatzmethode kommen musste - dass sie den Lateinunterricht insgesamt erfolgreicher gemacht und insbesondere die Trennung von Sprach- und Lektüreunterricht aufgehoben habe, darf heute bezweifelt werden. "Der Lektüreschock, den man durch eine möglichst frühe Begegnung mit originalem oder doch wenigstens originalnahem Latein schon in der Lehrbuchphase zu vermeiden hoffte, ist lediglich in diese Phase vorverlegt", bemerkt treffend Rupert Farbowski.18
Modell für die Textmethode sind in gewisser Weise die modernen Fremdsprachen, denen der Lateinunterricht seit der Lehrplanreform methodisch manches abgeschaut hat - leider nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Wenn im Englischunterricht ein neues Phänomen aus einem Text erarbeitet wird, so ist den Schülern der kommunikative Zusammenhang im allgemeinen bekannt und verständlich. Es handelt sich um Szenen aus dem Lebensbereich der Kinder: um einen Geburtstag, eine Reise, einen Einkauf usw. Das neue Phänomen hebt sich aus dem bekannten Hintergrund ohne Schwierigkeiten heraus, es wird problemlos mit dem Inhalt verknüpft und es bleibt im Gedächtnis, weil sich die inhaltlichen Assoziationen sofort einstellen. Die Texte sind nicht literarischer Art, sondern für Kinder formuliert, ihrem Erfahrungshorizont angepasst, es sind Situationen, die ein Kind schon erlebt hat oder jederzeit erleben kann.
Ganz anders verhält es sich mit den Lesestücken in den Lateinbüchern. Lateinische Originaltexte haben mit der Welt der Kinder in der Regel nichts zu tun, sie sind kindlichen Erfahrungen, Erlebnissen, Gefühlen und Gedanken im allgemeinen fern und vom ersten bis zum letzten Wort inhaltlich ein Rätsel für sie. An nichts kann der Schüler anknüpfen, nichts kann der Verankerung dienen, weil alles fremd ist. Natürlich kann es sinnvoll sein, sich in solche Texte zu vertiefen, weil sie den Horizont erweitern und fremde Welten eröffnen; natürlich können Texte über die römische Welt aufregend und spannend sein - aber diese Texte eignen sich nicht für die Erarbeitung des neuen Stoffes!
Die lateinische Literatur handelt nicht nur von einer fremden Welt, sondern ist auch nicht für Kinder geschrieben. Originaltexte sind wegen ihrer Komplexität und ihrer artistischen Stilisierung so gut wie immer schwierig und für Schüler auch nach mehrjährigem Sprachunterricht meist nicht ohne Hilfen zu bewältigen. Manche Lehrbuchautoren haben die Texte deswegen den Zwecken des Sprachunterrichts angepasst ("adaptiert"). Bei solchen Adaptionen fragt man sich jedoch nicht selten, ob hier nicht de facto das Prinzip "Originaltext" längst außer Kraft gesetzt ist. So wird z. B. in einem neuen Buch aus dem kurzen, typisch taciteischen Satz "Sed crebris epistulis Tiberius monebat rediret ad decretum triumphum"19 folgende ciceronische Periode, die mit dem Original nichts mehr zu tun hat: "Itaque Tiberius, qui Germanicum iam crebris epistulis hortatus erat, ne plus temporis perderet neve occasionem agendi triumphum praetermitteret, tandem acrius institit, ut Romam rediret." Stoff sind Deponentien (hortatus erat) und unregelmäßige Komparation (plus). Das Original wird also entgegen dem didaktischen Dogma nach den grammatischen Bedürfnissen umformuliert. Ein noch eindrucksvolleres Beispiel für die Problematik der Forderung nach Originaltexten bietet ein Buch, in dem den Schülern schon in der vierten Lektion ein Tacitus-Text zugemutet wird. Im Vorwort heißt es, das Lehrbuch sei "auf der Grundlage von Originaltexten aufgebaut. Damit ist gewährleistet, dass die Schülerinnen und Schüler von Anfang an mit Texten konfrontiert werden, deren Übersetzung und Interpretation Einblicke in wichtige Bereiche des römischen Lebens und Denkens eröffnen". Das Lesestück ist aber in Wirklichkeit nur eine grobe Inhaltsangabe des bei Tacitus erzählten Vorfalls im Amphitheater von Pompeji und bietet inhaltlich keineswegs eine auch nur irgendwie bedeutsame Erscheinung der römischen Welt, ja die Eigennamen Livineius Regulus, Celadus, Nucerini und Glaphyrinus sind sogar völlig überflüssiger Ballast. Das Lesestück, das auch sechs Adjektive enthält, obwohl diese Wortart und ihre Deklination erst drei Lektionen später eingeführt wird, bringt nur einen einzigen Satz, in dem die Formulierung des Tacitus wenigstens teilweise erhalten ist: senatores primum probra, deinde saxa, postremo ferrum sumunt (Tac. ann. 14,17: quippe oppidana lascivia invicem incessentes probra, dein saxa, postremo ferrum sumpsere). Aber wie soll der Anfänger die Übersetzung der zeugmatischen Verbindung probra sumere und saxa sumere bewältigen?
Wer wirkliche Originaltexte verwendet, verlangt von den Schülern, dass sie sich einmal mit einem Text von Cicero, ein andermal mit Sallust, dann mit Seneca, manchmal mit Tacitus, dann wieder mit einer Plautuskomödie, gelegentlich auch mit Augustinus oder Livius auseinandersetzen - Autoren, die stilistisch sehr verschieden sind, die in der Wortwahl, in der Wortstellung und in der Syntax sehr weit auseinander liegen. Man stelle sich vor, ein Kind oder auch ein Erwachsener solle auf diese Weise Deutsch lernen: mit Texten von Goethe und Achternbusch, Kleist und Hölderlin, Hans Sachs und Arno Schmidt usw. Er wäre am Ende mehr verwirrt als belehrt. Ähnlich geht es einem Lateinschüler, der einmal mit parataktischer brevitas, ein andermal mit symmetrisch proportionierten Perioden, dann wieder mit Inkonzinnität im Satzbau konfrontiert wird, von den Eigenarten der Wortstellung, von Archaismen und anderen stilistischen Erscheinungen ganz zu schweigen. Ein an der klassischen Prosa Ciceros und Caesars orientiertes "Kunst"-Latein böte hier viel mehr, weil es als Maßstab dienen könnte, der die stilistischen Besonderheiten anderer Autoren erst sichtbar werden ließe.
Mit der Verwendung von Originaltexten geht der Lateinunterricht über das neusprachliche Prinzip, den Stoff im Textzusammenhang zu vermitteln, weit hinaus. Kein Verfasser eines Englisch-Lehrbuchs käme wohl auf die Idee, bereits in der vierten Lektion den Text eines englischen Historikers (wenn auch in bearbeiteter Form) zur Vermittlung von Elementar-Kenntnissen einzusetzen.
In der Praxis wird die Text-Methode oft konterkariert: Nicht selten müssen die Schüler die neuen Wörter im voraus lernen, isoliert, gegen jede lerntheoretische Vernunft - weil sie sonst mit den Lesestücken überhaupt nicht zurechtkommen und weil wegen der allgemeinen sprachlichen Schwierigkeiten zu wenig Zeit für die neuen Grammatikphänomene bliebe. Viele Lehrer erarbeiten den neuen Stoff mit eigenen Beispielsätzen an der Tafel oder auf einer Folie oder mit Hilfe der Übungen und nehmen sich das Lesestück erst am Ende der Lektion vor. Manche verzichten auf die Lesestücke sogar ganz. Einige Lehrbuchverfasser haben deshalb - im Widerspruch zu den didaktischen Prinzipien - den grammatischen Stoff in Form von Hinführungs- oder Einführungssätzen isoliert vor das Lesestück gestellt. Das ist vernünftig, aber halbherzig, weil die neuen Wörter doch durch den Text vermittelt werden.
Die hier gegen die (Original-)Texte erhobenen Einwände betreffen ausschließlich ihre Verwendung zur Einführung des Stoffs. Selbstverständlich muss sich ein Schüler davon abgesehen in einer Lektion auch mit einem Text (und manchmal auch mit einem geeigneten Originaltext) beschäftigen. Bei dieser Auseinandersetzung mit dem Text sind die textgrammatischen Analysen und inhaltlich-sprachlichen Interpretationen am Platz, die bei der Stoffeinführung meiner Ansicht nach verfehlt sind. "Analyse", sagt Dieter Lohmann, "setzt immer Vorhandenes voraus, das man analysieren kann".20 Der Verstehensvorgang, das Dekodieren eines lateinischen Textes ist für einen Schüler immer ein überaus schwieriges Unternehmen, ein höchst komplexer geistiger Vorgang: Das Dekodieren verlangt nicht nur die genaue Beachtung einer großen Zahl von Signalen, sondern auch das Erfassen des Inhalts, wodurch die richtige Deutung sprachlicher Signale oft erst möglich wird; andererseits werden sprachliche Zeichen oft erst durch die inhaltliche Interpretation richtig gedeutet. Ist es lerntheoretisch betrachtet effektiv, das Erfassen eines neuen Phänomens mit den komplizierten Prozessen, die beim Dekodieren ablaufen, zu verknüpfen? Bei den Einzelsätzen der alten Lehrbücher war diese Schwierigkeit insofern geringer, als hier die sprachliche Umgebung des neuen Phänomens einfach gehalten sein konnte, so dass sich der Schüler nicht mit allzu vielen Problemen beschäftigen musste, die mit dem neuen Stoff gar nichts zu tun haben, während moderne Bücher manchmal unnötig hohe Hürden vor die Begegnung mit dem neuen Stoff setzen. Wilhelm Berndl hat dies an einem eindrucksvollen Beispiel ausgeführt.21
Manche Bücher verzichten glücklicherweise im ersten und zweiten Lernjahr auf Originaltexte, aber auch die eigens verfassten Texte sind für die Einführung des Stoffs nicht immer geeignet. Es ist sogar zu fragen, ob es sich überhaupt immer um Texte handelt. Unter Text versteht man die "sprachliche Äußerungsform einer kommunikativen Handlung, die im einzelnen bestimmt ist (a) nach den pragmatischen, ,textexternen` Kriterien einer kommunikativen Intention, die situationsspezifisch ist und auf eine entsprechende Hörerwartung trifft, und (b) nach den sprachlichen, ,textinternen` Merkmalen einer konsistenten, in der Regel wort- und satzübergreifenden Struktur, nämlich: Grenzsignale, grammatische Kohäsion, dominierendes Textthema und inhaltliche Kohärenz".22 Nicht immer werden Lehrbuchtexte diesen Kriterien gerecht. Von "thematischer Entfaltung", von Thema-Rhema-Struktur soll gar nicht gesprochen werden - von "inhaltlich aussagekräftigen, lebendigen Texten (...), die als spannende Erzählung, als Dialog, als Brief, als anschauliche Beschreibung Identifikation ermöglichen, von Anfang an zum Nachdenken, Staunen und Fragen anstoßen", wie es Friedrich Maier zu Recht fordert,23 sind manche Bücher oft weit entfernt.24
Doch auch bei sprachlich perfekten, mitreißenden, altersgemäßen, belehrenden und unterhaltenden Texten bliebe das entscheidende Problem bestehen: Für die Vermittlung des neuen Stoffs sind sie nicht geeignet, weil die sprachlichen Schwierigkeiten des Umfelds das Erfassen des Neuen zu stark behindern.
Kurzum: Durch die Textmethode sind seit den 70er Jahren die Anforderungen an unsere Schüler gestiegen. Das betrifft vor allem die Einführung des Grammatikstoffs. Die Anwendung und Einübung des Gelernten in Texten ist dagegen gewiss ein Fortschritt - wenn es sich um sprachlich und inhaltlich wirklich geeignete Texte handelt.    

2. Suche nach anderen Möglichkeiten
Es besteht kein Zweifel, dass die neuen Unterrichtswerke in vielem ein Fortschritt sind: Die Sachthemen kommen den Interessen der Kinder entgegen, die Abbildungen und Informationen zum Thema "Antike Kultur" sind in manchen Büchern ganz ausgezeichnet; in anderen Büchern sind die Übungen zur Grammatik höchst einfallsreich, spielerisch und motivierend. Diese Errungenschaften sollte man beibehalten, neue Wege sollte man jedoch bei der Einführung des Grammatikstoffs beschreiten, weil das "Originaltext"-Konzept zu viele Probleme in sich birgt. Auch die Vermittlung des Wortschatzes muss methodisch verbessert werden.
Es wäre schon viel gewonnen, wenn die nächste Lehrbuch-Generation den heutigen Methodenmonismus überwände. Das Text-Prinzip sollte nicht wie ein Tabu verhängt sein, sondern dann anderen Methoden weichen, wenn diese für einen bestimmten Stoff effektiver sind. Zum Prinzip der Einzelsätze der alten Bücher wird kaum jemand zurückkehren wollen - aber warum sollten nicht manche Erscheinungen statt durch ein Lesestück ganz mit einzelnen Sätzen eingeführt werden, wenn die Schüler das Neue damit schneller begreifen und besser behalten? - Auch die einsprachige direkte Methode von Hans H. Örberg25, die für Erwachsene sehr empfehlenswert ist, könnte dem Lateinunterricht in der Schule manche Anregung geben.
Größeren Erfolg verspricht meiner Meinung nach eine Methode, die man in dem von Manfred Fuhrmann, Eberhard Hermes, Hermann Steinthal und Niels Wilsing verfassten Unterrichtswerk "Nota"26 findet. Dort werden die meisten Lesestücke zweisprachig dargeboten, und zwar in der Weise, dass jedem lateinischen Satz in einer zweiten Spalte die deutsche Übersetzung gegenübergestellt ist. "Der Lehrgang arbeitet ausgeprägt kontrastiv-vergleichend, teils zwischen Latein und Deutsch, teils innerhalb der lateinischen Sprache, wodurch gerade der Blick für system-grammatische Zusammenhänge in immer größeren Bereichen geschärft wird. Diese Methode ermöglicht außerdem ein hohes Maß an Selbständigkeit und eröffnet Einsicht in die Methoden des Lernens".27 Das Buch ist allerdings nicht für Latein als erste oder zweite Fremdsprache konzipiert und bietet wegen der Orientierung an Originaltexten doch viele Schwierigkeiten. Vor allem nutzt es die Möglichkeiten der zweisprachigen Stoffdarbietung zu wenig.
Die zweisprachige Einführung scheint mir jedoch ein sinnvoller Weg zu sein. Dabei handelt es sich keineswegs um eine neue Methode, sondern um eine sehr alte Tradition: Kontrastive Zweisprachigkeit ist ja das Prinzip des berühmtesten Lateinbuchs aller Zeiten, des Orbis sensualium pictus28 von Johann Amos Comenius.
Im Orbis pictus, der 1658 erschien und in fast 250 Auflagen nahezu 250 Jahre lang verwendet wurde,29 hat Comenius bekanntlich nicht nur eine geniale Verbindung von Bild und Wort hergestellt, sondern auch das Lateinische dem Deutschen so geschickt gegenübergestellt, dass sich die einander entsprechenden Wörter bzw. Wortgruppen ohne Schwierigkeiten erkennen lassen. Hier liegt der springende Punkt: Der Schüler lernt das Neue weder in lernpsychologisch absurder Weise isoliert noch in ebenso unfruchtbarer Art aus einem unverstandenen, undurchschauten, rätselhaften Zusammenhang, sondern durch die Gegenüberstellung mit dem Deutschen. Er lernt, indem er vergleicht, indem er immer wieder erkennt: diesem Wort, dieser Wortgruppe, diesem Satz entspricht im Deutschen dieses Wort, diese Wortgruppe, dieser Satz.
Wenn das Neue durch Gegenüberstellung mit der deutschen Struktur erarbeitet wird, haben die Schüler zudem die Möglichkeit, auch zu Hause, ohne den Lehrer, die Neudurchnahme nachzuvollziehen, wenn nicht gar vielleicht selber zu bewerkstelligen - während ein durchschnittlicher Schüler mit den Lesestücken der heutigen Bücher, wenn er keine Hilfe bekommt, im allgemeinen nichts anfangen kann. "Grammatische Antizipationen" würden bei zweisprachiger Exposition weniger stören als bei der Textmethode, weil die Übersetzung dem Schüler das Raten erspart. Auch eine gemäßigte "horizontale" Einführung ließe sich hier wohl eher mit Erfolg praktizieren. Ein großer Vorteil läge ferner darin, dass die neuen Wörter die Vermittlung des Grammatikstoffs nicht mehr behindern würden. Wenn man die neuen Wörter jeder Lektion zudem in einer dritten Spalte30 aufführt (Nomina im Nominativ und Genitiv Singular mit Angabe des Geschlechts, Verben mit den Stammformen), dann erübrigt sich sogar ein eigener Wortschatzteil. Damit hätten der Schüler immer den Textzusammenhang vor Augen, wenn er die Wörter lernt, während sie im Wortschatzteil isoliert abgedruckt sind. Auf die zweisprachige Exposition sollte die Systematisierung des Grammatikstoffes folgen, so dass es auch keines eigenen Grammatikteils mehr bedürfte. - Am Rande sei noch erwähnt, dass die zweisprachige Exposition dem Konzept "Lernen durch Lehren"31 in besonderer Weise entgegenkäme.
Lässt die deutsche Sprache die Parallelisierung mit dem Lateinischen ohne Entstellung zu? Bei geschickter Formulierung ist sie möglich, auch wenn im Deutschen die Stellung des ungeteilten Prädikats in selbständigen Aussagesätzen vom Lateinischen abweicht. Aber in solchen Fällen ließe eine Leerstelle auf der lateinischen Seite die für das Deutsche typische Stellung der Satzglieder besonders deutlich werden. Bei zweigeteilten Prädikaten bliebe der erste Teil ohne Entsprechung; die zusammengehörenden Prädikatsteile könnten durch Kursivdruck hervorgehoben werden. An einem beliebig herausgegriffenen Lesestück32 kann man sehen, dass die zweisprachige Exposition ohne Schwierigkeiten durchzuführen ist (obwohl der Text nicht dafür konzipiert ist).

                                        Nox erat,                                 Es war Nacht,
                                        omnes dormiebant,                   alle schliefen,
                                        cum Aeneas                             als Aeneas
                                        subito                                       plötzlich
                                        clamorem audivit.                     Geschrei hörte.
                                        Qui statim surrexit                     Er erhob sich sofort
                                        et e domicilio suo                      und lief aus seinem
                                        cucurrit,                                    Haus,
                                        dum ubique                               während überall
                                        aedificia urbis                            die Gebäude der Stadt
                                        flagrant.                                     in Flammen standen.
                                        Comites                                     Seine Begleiter
                                        ei nuntiaverunt                            meldeten ihm,
                                        nonnullos Graecos                     dass einige Griechen
                                        ex equo                                     aus dem Pferd
                                        clam descendisse                       heimlich herausgestiegen seien
                                        et sociis                                     und ihren Kameraden
                                        portas urbis                               die Stadttore
                                        aperuisse.                                  geöffnet hätten.

Eine Lektion könnte folgendermaßen aufgebaut sein: Auf ein Bild, das den Text veranschaulicht, folgt die zweisprachige Exposition mit den neuen Wörtern in der dritten Spalte, danach der Grammatikteil. Für diesen Teil der Lektion sind zwei einander gegenüberliegende Seiten reserviert. Die dritte Seite enthält rein lateinische Lesestücke, die thematisch zur Exposition passen, die vierte Seite Übungen und Sachinformationen.
Ich glaube, es lohnte sich, ein methodisch fundiertes Konzept für die zweisprachige Exposition zu entwickeln. Bei diesem Konzept wäre die Analyse und Übersetzung eines Lesestücks (in den ersten Lernjahren allerdings nicht eines Originaltextes) erst der zweite Schritt, der der Einübung und Anwendung des Gelernten und der Überprüfung des Lernerfolgs dient. Das Übersetzen erhielte damit eine neue Funktion, für die es meiner Meinung nach wesentlich besser geeignet ist als zur Einführung des Grammatikstoffs und des Wortschatzes. Es ist ja in der Tat ein Vorgang, der die Kenntnis der Wörter und der grammatischen Phänomene voraussetzt, nicht aber - oder jedenfalls nicht ohne große Schwierigkeiten - zu ihr hinführt.
Wenn wie im Orbis pictus zudem alle Wörter (soweit es möglich ist) durch Abbildungen veranschaulicht würden, hätte man auch ganz andere Chancen, das leidige Problem des Wörterlernens, das, anders als die heutigen Bücher suggerieren, doch höchste methodische Unterstützung verlangt, besser zu bewältigen.
Dass man einen anderen Wortschatz vermitteln würde als Comenius, der ja die aktive Beherrschung des Lateinischen zum Ziel hat und deshalb ganz auf die reale Welt seiner Zeit ausgerichtet ist, versteht sich von selbst. Trotzdem wäre es nicht unklug, auch manche Wörter aus der Alltagssprache lernen zu lassen, weil die Beschränkung auf die Literatursprache allen lebendigen Umgang mit der Sprache verhindert.
Vielleicht ist die Hoffnung nicht abwegig, dass mit dem Konzept der zweisprachigen Exposition, weil es kindgemäßer ist als das Originaltext-Konzept, langfristig wieder mehr Schüler für Latein als erste Fremdsprache gewonnen werden könnten.    

3. Die Tradition der zweisprachigen Methode
Comenius hat die Methode der Gegenüberstellung von Fremd- und Muttersprache nicht erfunden. Er steht damit in einer Tradition, die bis in die Spätantike zurückreicht. Es sind Fragmente von zweisprachigen Schulbüchern33 erhalten, aus denen wir erkennen können, dass die Römer in ähnlicher Weise Griechisch und die Griechen in ähnlicher Weise Lateinisch gelernt haben, wie sie Comenius im Orbis pictus vorgelegt hat.
Bezeichnend ist, dass auch die Lehrbücher der Antike nicht literarische Originaltexte verwenden, sondern einfache, dem kindlichen Horizont angemessene Texte. Als Beispiel sei ein Auszug aus den Hermeneumata Einsidlensia34 abgedruckt:
                                        pro tou orthou                 ante lucem
                                        egregoresa                        evigilavi
                                        ex hypnou                         de somno,
                                        aneste ek tes                     surrexi de
                                        klines, ekathisa,                 lecto, sedi,
                                        elabon hypodesmias          accepi pedules,
                                        sandalia,                            caligas,
                                        hypedysamen,                   calciavi me,
                                        etesa                                 poposci
                                        hydor eis opsin,                 aquam ad faciem,
                                        niptomai                            lavo
                                        proton tas cheiras,             primo manus,
                                        eita ten opsin.                    deinde faciem;
                                        enipsamen,                        lavi,
                                        apemaxa,                          extersi,
                                        apetheka ten                     deposui
                                        mitran,                              mitram,
                                        elabon chitona                  accepi tunicam
                                        pros to soma,                   ad corpus,
                                        periezosamen,                  praecinxi me,
                                        eleipsa                             unxi
                                        ten kephalen mou             caput meum
                                        kai ektenisa.                     et pectinavi.
                                        epoiesa peri                     feci circa
                                        ton trachelon                    collum
                                        anabolaion,                      pallam,
                                        enedysamen                     indui me
                                        ependyten leuken,            superariam albam,
                                        epano enduomai               supra induo
                                        phainolen, proelthon         paenulam, processi
                                        ek tou koitonos                de cubiculo
                                        syn to paidagogo              cum paedagogo
                                        kai syn te tropho              et cum nutrice
                                        aspasasthai                       salutare
                                        ton patera kai ten             patrem et
                                        metera. amphoterous        matrem. ambos
                                        espasamen kai                  salutavi et
                                        katephilesa                       deosculatus sum
                                        kai houtos katelthon          et sic descendi
                                        ek tou oikou.                    de domo.
                                        aperchomai eis                  proficiscor ad
                                        ten scholen.                       scholam.
                                        eiselthon, eipon:                 intravi, dixi:
                                        chaire, kathegeta,              ave,magister,
                                        kai autos me                      et ipse me
                                        katephilesen kai                 deosculatus est et
                                        antespasato.                      resalutavit.

Diese Sprachbücher sollten natürlich die Fähigkeit schulen, Lateinisch (oder Griechisch) zu sprechen. Aber auch wenn es heute nicht mehr um die aktive Beherrschung der Sprache geht, so ist doch die Methode, die zum aktiven Sprechen führt, als Methode zur passiven Beherrschung nicht ungeeignet - selbstverständlich mit einem Wortschatz, der sich an der literarischen Sprache der Texte orientiert, die später gelesen werden sollen.
Die Hermeneumata enthalten nicht nur derartige Szenen aus dem Kinderleben. Es wird über Kleidung und Essen, über Religion, Feste, Spiele, über Himmelserscheinungen, das Wetter, die Gewässer, über den menschlichen Körper, über die Hochzeit, die Verwandtschaft, über Tiere und Pflanzen, über die Stadt und das Haus, über den Staat, Beamte, Gesetze und schließlich über die menschliche Seele gesprochen. Andere Glossarien enthalten Fabeln, mythische Geschichten oder Anekdoten über den Kaiser Hadrian.
In jedem Fall handelt es sich um Texte in einfacher Sprache, nicht um hohe Literatur - ein Prinzip, das methodisch und pädagogisch gesehen unseren Lehrbüchern überlegen ist. Entscheidend ist aber, dass man durch den Kontrast lernt, durch die Gegenüberstellung der Fremd- und der Muttersprache, nicht durch Analyse und Übersetzen.
Comenius hat die Methode der Glossarien vermutlich gekannt. Etwa ein Jahrhundert vor ihm hatte Charles Étienne lateinisch-französische Schulbücher herausgegeben (1535/36)35. Von Henri II. Étienne erschienen 1573 "Glossaria duo e situ vetustatis eruta ad utriusque linguae cognitionem et locupletationem perutilia".36 Die antike Tradition war also bis in die Neuzeit lebendig. Diese Bücher enthielten jedoch keine Abbildungen. Die Idee, das Erlernen der Sprache durch die Verbindung von Text und Bild zu erleichtern, übernahm Comenius von dem Rostocker Professor der Poetik und der Theologie Eilhard Lubinus (1565-1621).37
Es versteht sich von selbst, dass man den Orbis pictus nicht einfach in unsere Welt übertragen kann. Sicher ist die zweisprachige Methode auch nicht für alle Grammatikphänomene in gleicher Weise geeignet. Aber es dürfte sich lohnen, den Versuch zu machen, mit dieser Methode - in Verbindung mit anderen - die Fixierung auf die Text-Methode zu überwinden.    

4. Zusammenfassung: Thesen und Forderungen
Wenn die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Lateinunterrichts nicht noch größer werden soll, muss sich das didaktische Bemühen verstärkt den Subjekten des Lernprozesses zuwenden und Lernziele und -inhalte mehr vom Schüler aus bestimmen als bisher.
Der Lateinunterricht darf nicht länger für eine große Zahl von Schülern zur Qual werden, weil sie überzogenen Forderungen, die vermeidbar sind, nicht nachkommen können. Es soll nicht das Niveau gesenkt, sondern die Lerneffektivität des Sprachunterrichts erhöht werden. Die lateinische Sprache kann nicht leichter gemacht werden, aber die Methoden der Sprachvermittlung sollen, gerade weil es sich um eine schwierige Sprache handelt, nicht unnötige Hürden aufbauen.
Die folgenden Thesen und Forderungen sind als Anregung gedacht, ein neues Konzept des Sprachunterrichts zu entwickeln, das zu einem erfolgreicheren, motivierenderen Lateinunterricht führt: zu "Latein ohne Tränen".38
Lehrbücher sollen methodisch flexibel sein und für jedes Phänomen die geeignetste Methode der Vermittlung anbieten.
Das Prinzip, Wortschatz und Grammatik im Zusammenhang mit textgrammatischen Analysen und sprachlich-inhaltlichen Interpretationen von (Original-)Texten zu erarbeiten, führt zu unnötigen Schwierigkeiten und sollte daher im Anfangsunterricht durch geeignetere Methoden ersetzt werden.
Die zweisprachige Methode in der Art des Comenius (zweisprachige Exposition) könnte im Anfangsunterricht zu einer effektiveren Vermittlung des neuen Stoffes führen. Auch im dritten oder vierten Lernjahr könnte gelegentlich darauf zurückgegriffen werden.
Texterschließung und Übersetzen sind nach wie vor die zentrale Arbeitsform des Lateinunterrichts. Textgrammatische Analysen sollten jedoch erst nach der zweisprachig gebotenen Vermittlung an lateinischen Texten (manchmal Originaltexten) erfolgen. Das Übersetzen sollte der Einübung des Gelernten, der Anwendung (Transfer) und der Kontrolle des Lernerfolgs dienen.
Bei Latein als erster und zweiter Fremdsprache sollen die zweisprachig dargebotenen Einführungstexte keine Originaltexte, sondern in einfachem, aber der klassischen Norm soweit wie möglich entsprechendem Latein formuliert sein.
Die Inhalte der lateinischen Texte werden vom Erfahrungshorizont der Schüler bestimmt. Es sollen antike Themen behandelt werden, jedoch nur soweit sie kindlichen Interessen entsprechen.
Größte Sorgfalt muss auf einprägsame Vermittlung des Wortschatzes gelegt werden. Bildliche Unterstützung sollte der Normalfall sein, nicht die Ausnahme.
Bei spätbeginnendem Lateinunterricht und vor allem, wenn es sich um Lernende handelt, die Kenntnisse in den romanischen Sprachen haben, können die zweisprachig gebotenen Texte (eventuell vereinfachte) Originaltexte sein.
Die kindgemäße Methode der zweisprachigen Exposition könnte sich auf die Wahl von Latein als erster Fremdsprache langfristig positiv auswirken.    

Anmerkungen
1) Gerhard Fink: Vertikal oder horizontal? Total = fatal! DASIU 1/97, S. 21.
2) Abgedruckt in: DASIU 3/97, S. 9-11; im Internet abrufbar unter der Adresse http://www.klassphil.uni-muenchen.de/~waiblinger/forum/kritik.html
3) Rupert Farbowski: Latein - eine starke Marke. Forum Classicum 4/97, S. 196.
4) Siehe dazu die Diskussion in DASIU 4/96, S. 38-46; DASIU 1/97, S. 16-34 (Friedrich Maier, Gerhard Fink, Wilhelm Berndl); Rupert Farbowski: Latein - eine starke Marke. Forum Classicum 4/97, S. 191-202.
5) Johann Amos Comenius: Große Didaktik. Die vollständige Kunst, alle Menschen alles zu lehren. Übersetzt und herausgegeben von Andreas Flitner. Stuttgart 1992, S. 103.
6) Dazu u. a. Rainer Nickel: Die Alten Sprachen in der Schule. Kiel 1974, S. 10.
7) Wilhelm Höhn: Zum Textproblem. In: Wilhelm Höhn/Norbert Zink (Hg.): Handbuch für den Lateinunterricht Sekundarstufe I. Frankfurt 1987, S. 65.
8) Willibald Heilmann: Die Beziehung zwischen Textarbeit und Grammatikarbeit im Lateinunterricht der Sekundarstufe I. In: Wilhelm Höhn/Norbert Zink (Hg.): Handbuch für den Lateinunterricht Sekundarstufe I. Frankfurt 1987, S. 69.
9) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 71.
10) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 71.
11) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 71.
12) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 74.
13) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 68.
14) Wilhelm Höhn, a. a. O., S. 61.
15) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 68.
16) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 76.
17) Willibald Heilmann, a. a. O., S. 77.
18) Forum Classicum 4/97, S. 195.
19) Tacitus, ann. 2, 26.
20) Dieter Lohmann: Latein - ein Ratespiel? AU 6/1988, S.36.
21) Wilhelm Berndl: Cursus Latinus und Systemgrammatik - eine kritische Stellungnahme. DASIU 1/97, S. 25: "Problematisch werden die L-Stücke als Basistexte für die Neudurchnahme auch dadurch, daß offenbar größtmögliche Originalnähe gesucht wird, auch wenn man dadurch gezwungen ist, eine Häufung von schwierigen Konstruktionselementen (...) in Kauf zu nehmen. Oder wie ließe es sich sonst rechtfertigen, daß der Nebensatz cum nave fracta ad Rhodiorum litus eiectus in arena geometrica schemata conspicatus esset mit zwei schwierigen Partizipialgefügen (nave fracta, in litus eiectus) befrachtet ist? Mit ihnen gilt es zunächst fertig zu werden, bevor der Schüler mit conspicatus esset ein Stückchen neuen Grammatikstoff (Deponentia der a-/e-Konjugation: Perfekt-Stamm) in den Blick und Griff bekommt und die Energien für seine geistige Verarbeitung frei werden." Übrigens ist der Originaltext einfacher als die Adaption: Vitruv VI Pr. 1 (...) naufragio cum eiectus ad Rhodiensium litus animadvertisset geometrica schemata descripta (...).
22) Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1990, S. 776.
23) Friedrich Maier: Vertikal oder Horizontal? Zur Behandlung der Formenlehre in der Sprachlernphase. DASIU 1/97, S. 17 f. Zu den Lehrbuchtexten s. auch Georg Veit: Das Problem der lateinischen Lehrbuchtexte. Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes 1/96, S. 11-17.
24) Von der unterschiedlichen Qualität der Texte brauchen wir hier nicht zu sprechen, da es nur um das methodische Prinzip geht.
25) Hans H.Örberg: LINGVA LATINA PER SE ILLVSTRATA. Bd. 1 Familia Romana. Stuttgart 1992.
26) Nota. Lehrgang für Latein als 3. Fremdsprache, für Kurse auf der Sekundarstufe II, an Universitäten, Kollegs, Abendgymnasien. 1. Auflage Stuttgart 1976.
27) Nota (s. vorige Anm.) S. 5.
28) Joh. Amos Comenii Orbis Sensualium Pictus. Hoc estOmnium fundamentalium in Mundo Rerum & in Vita Actionum Pictura & Nomenclatura. Die sichtbare Welt / Das ist / Aller vornemsten Welt-Dinge und Lebens-Verrichtungen Vorbildung und Benahmung. Noribergae, (...) Anno Salutis MDLVIII. Nachdruck: Harenberg Edition. Die bibliophilen Taschenbücher Nr. 30. Dortmund 1991.
29) Kurt Pilz: Johann Amos Comenius. Die Ausgaben des Orbis Sensualium Pictus. Eine Bibliographie. Nürnberg 1967.
30) Comenius hat in der dritten Auflage des Orbis pictus (Nürnberg 1562) eine dritte Spalte hinzugefügt, in der alle Substantive im Nominativ mit Angabe der Deklination und die Adjektive mit den Endungen im Nominativ Singular verzeichnet waren. Beispiele davon sind im Nachdruck von 1991 (s. Anm. 28) im Anhang zu finden.
31) Dazu Renate Gegner: Lernen durch Lehren (LdL). Forum Classicum 3/97, S. 128-133 (mit weiterer Literatur).
32) FELIX. Ausgabe B. Bamberg/München 1997. Anfang der Lektion 25, S. 82.
33) S. dazu Henri Irénée Marrou: Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum. München 1977, S. 485-489.
34) In: Hermeneumata Pseudodositheana, ed. G. Goetz, Leipzig 1892, S. 224 f.
35) John Carter/Percy H. Muir: Bücher, die die Welt verändern. Eine Kulturgeschichte Europas in Büchern. München 1976, S. 267.
36) Georg Goetz: De glossariorum Latinorum origine et fatis. Leipzig und Berlin 1923, S. 245.
37) Kindlers Neues Literatur Lexikon. München 1988. Studienausgabe Band 4, S. 115.
38) So der Titel des Artikels über den Orbis Pictus in: Bücher, die die Welt verändern, s. Anm. 35, S. 267.

    Franz Peter Waiblinger, München


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